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Perutz war seit 1676 ein Ledebur-Besitz. Der jüngste Sohn
von Johann Friedrich v. Ledebur, Herrn auf Wicheln und Steinboll, Dietrich v.
Ledebur war von Maria Magdalene v. der Goltz, der Schwester seiner Mutter, zum
Erben ihrer Besitze in Böhmen bestimmt worden. Bei ihrem Tod übernahm er
Schloß Jenikau bei Czaslau/ Caslav und die zugehörigen Ländereien; in den
folgenden Jahren verkaufte Dietrich seine Besitze im Kreise Czaslau und erwarb
aus dem Erlös ein Jahr vor seinem Tode Perutz bei Laun/Louny an der Eger. Von
Dietrichs Witwe Beatrix ging Perutz auf deren Großneffen Alexander Johann v.
Ledebur-Wicheln und dann auf dessen Sohn Kaspar Benedikt über.
Der Verfasser des Berichts von 1746 Hansel Commenda
zeichnete sich - ähnlich wie andere Diener in seiner Umgebung - durch seine
Musikalität aus. Er beherrschte die Violine, das Waldhorn und den Dudelsack,
konnte Noten schreiben, und schließlich besorgte und kopierte er neue
französische Tänze für die Gäste des Schlosses.
Einen besonderen Eindruck machte auf Hansel Commenda das
Schloß Citoliby, welches dem Grafen Pachta gehörte und nur 10 km von Perutz
entfernt lag. In seiner Darstellung schildert er jedoch weniger das hohe
Niveau der dortigen geistlichen Musik als vielmehr die schöne Gräfin v.
Pachta und das dortige Vergnügen: "Es ist ein Thun, ob ist im Jullio
oder im August gewesen sein gefart nach Citolib zur Graff Bachta und zu die
schöne Graffin, lustige Dame. Da seindt auch Musicanten gewesen. Ist da auch
nicht traurich gangen."
Und einige Zeilen weiter können wir lesen:
"Die große Taffel wahr bereit zum Essen. Nach die
Taffel die Musicante schon bereit angefangen zu Spillen. Der Ball ist
angegangen und die gantze Nacht verhahret. Da kombt alle Augenblick Graff
Bachta oder Baron Casper von Ledebur herauff wie auch die gnädige damesen,
genennt die schöne gnädige Graffin Bachta wie auch die hochwohlgebohren
Freylein Sophia von Ledebur (Kaspar Benedikts Tochter, spätere Gräfin v.
Wurmbach), Freylein Wigerle und viele andere alle Augenblick zugesprochen. Und
ich habe eine Notenbuch bey mir gehabt, wie noch dato habe, mit die
franschesische Tantzen; die habe ich die Musicanten geben zu spielen. Vorher
hatt die schöne, lustige Graffin von Bachta getanzt; zu Perutz mich beckert
abzuschreiben. Seindt 24 Tantze gewesen. Des Morgens wahr Ball vorbey. Ich
bekombt mein Conter Tantzbuch wieder und schreibe 24 Tantz für die Graffin
auß zu Perutz. Sie ist zweite oder dritten Tag zu Perutz kommen, zu
vernehmen, wie mit gnädiger Herr geth. Unterthesen habe ich die Tantzen
fertig gehabt. Ein Ducat bekommen."
Graf Ernst Karl Pachta v. Raihofen hatte eine enge
Beziehung zur Musik und zum Hausmusizieren. Diese Vorliebe spiegelte sich auch
bei der Anstellung seiner Diener und Beamten wieder. Der Komponist Zdenek
Sestak beschrieb diese Praxis in seiner Studie über die Musik von Citoltby
folgendermaßen:
"Die Berichte aus den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts
sprechen darüber, daß die meisten Leute am Pachta-Hof Musiker waren, vom
Hofmeister, dem gräflichen Sekretär, dem Hofkaplan, dem Stallmeister bis zu
den Lakaien. Es war eine typische Dienerkapelle des 18. Jahrhunderts, die wohl
von Zeit zu Zeit je nach der Bedeutung des Auftrittes ergänzt wurde, und zwar
nicht nur aus den Reihen der Kantoren und Präzeptoren, sondern auch der
Beamten, lokalen Priester, Forstmeister, Braumeister, Röhrmeister und anderer
Handwerker überhaupt, die beim Hof angestellt waren."
So ähnliche Verhältnisse herrschten nicht nur in Citoliby.
Im nahen Perutz war es nicht anders, wie wir bei Hans Commenda erfahren
können.
"Die Ersuche um Arbeitsstellen bei Pachta zeigen, daß
bessere Aussichten der hatte, wer ein fähiger Musiker war. Der sich um eine
Anstellung in der Brauerei von Citoliby bewerbende Braumeister vergißt nicht
zu bemerken, er sei ein guter Klarinettist mit Praxis. Wenn wir im Nachlaß
des Stallmeisters einen Druckband von Corellis Geigensonaten finden, unter
denen sich auch die berühmte La Folia befindet, können wir uns ganz konkret
und unübertrieben vorstellen, wie hoch die dortige Musikkultur war. Ebenso
der erhaltene Vertrag über die Anstellung des Stallmeisters spricht klar und
eindeutig von dessen Pflicht, sich aktiv an der Schloß- und Kirchenmusik zu
beteiligen", schreibt der Komponist Zdenek Sestak.